July 7, 2025

Die Macht des Framings: Das Erfolgsgeheimnis starker Marken

Markenstrategie & Markenführung
Lesezeit: 
9 Minuten
Michel Althaus

Warum Bedeutung die Währung starker Marken ist

Laut dem "Meaningful Brand Report" von Havas – eine der bekanntesten, regelmäßig durchgeführten internationalen Markenstudien – werden rund 80 % aller Marken in naher Zukunft an Relevanz verlieren. Nicht etwa wegen schlechter Qualität, sondern weil sie für Menschen schlicht keine Rolle mehr spielen. Sie erzeugen keine Verbindung, bieten keinen Mehrwert für die eigene Identität, keine Haltung, kein Zugehörigkeitsgefühl.

Doch was lässt einige Marken strahlen und wirtschaftlich florieren, während andere verblassen und stagnieren?


Emotion schlägt Information: Menschen kaufen Emotionen, nicht bloß Produkte

Warum identifizieren sich Menschen mit einem Apfel-Logo? Warum tragen sie Nike-Shirts wie eine zweite Haut oder warum campieren sie die ganze Nacht für ein bestimmtes Paar Sneaker? Der Grund ist: Marken wirken emotional. Marken, die Zugehörigkeit, Orientierung und Werte stiften, schaffen emotionale Bindung. Dieses „Mehr“ an Bedeutung sorgt dafür, dass Kunden nicht nur kaufen, sondern sich verbunden fühlen. Marken wie Apple inszenieren ihr Produkt nicht nur, sie rahmen es emotional ein – mit Design, Sprache, Werten und Erlebnissen.

Das Konzept dahinter wird im Marketing als Framing bezeichnet. Doch was versteht man unter Framing? Welche psychologischen Mechanismen machen sich erfolgreiche Marken für die Markenbindung zunutze? Was kann man von diesen Ansätzen lernen? Diesen und vielen weiteren Fragen gehen wir in dem nachfolgenden Blog-Beitrag auf den Grund.


Gute Produkte allein reichen nicht: Warum Marken mehr bieten müssen

In einer Welt, in der fast jedes Produkt in guter Qualität, zu fairem Preis und ansprechendem Design erhältlich ist, stellt sich eine zentrale Frage: Wofür steht eine Marke – jenseits der reinen Funktionalität ihrer Produkte?
Marken, die nur über Funktion & Spezifikationen kommunizieren, verschwinden in der Masse. Technische Exzellenz ist heute Standard – aber längst kein Differenzierungsmerkmal mehr.

Beispiel: Smart-TVs liefern heute fast alle gestochen scharfe Bilder und moderne Menüs. Doch wer weiß noch, wofür Marke XY steht? Kein Narrativ. Keine Haltung. Kein Gefühl. Nur technische Eigenschaften. Was keine emotionale Bedeutung erzeugt, bleibt austauschbar. Demgegenüber stehen Marken, die Geschichten erzählen, Werte kommunizieren und eine Haltung zeigen. Sie schaffen Verbindung zu Menschen – und damit nachhaltige Relevanz.


Markenbindung durch Psychologie: Wie erfolgreiche Marken emotionale Identifikation ermöglichen

Warum lassen sich Harley-Davidson-Fans das Markenlogo tätowieren? Warum wird LEGO als Teil der Kindheitserinnerung gefeiert?

Die Antwort liefert die Psychologie: Nach dem amerikanischen Psychologen Abraham Maslow streben Menschen nach dem Gefühl von Individualität und Selbstverwirklichung, sobald ihre Grundbedürfnisse gedeckt sind. Erfolgreiche Marken verstehen es, genau diese emotionale Lücke zu füllen. Die Soziale Identitätstheorie zeigt: Menschen wollen dazugehören – und gleichzeitig zeigen, zu wem sie nicht gehören. Marken bieten hier eine ideale Projektionsfläche: Sie werden zu Symbolen, mit denen sich Menschen identifizieren und abgrenzen.

Das ist der Kern des sogenannten Tribal-Marketings: Marken fungieren hier als eine Art „Stammeszeichen“– mit eigener Sprache, Ästhetik, Ritualen und Regeln. Diese Marken verkaufen keine Produkte – sie verkaufen das Gefühl von Zugehörigkeit, das Gefühl Teil eines größeren Ganzen zu sein. So steht Harley-Davidson bei Fans der Marke für ultimative Freiheit und Rebellion – nicht für einen Benzinverbrauch jenseits der 7 Liter. LEGO ist mehr als ein Spielzeug: Es ist eine kreative Erlebniswelt, die Generationen verbindet. Diese Marken bieten ein Zuhause für Wertevorstellungen, Sehnsüchte und Selbstbilder, einen ,,Anker“ für Menschen. Nicht durch Lautstärke – sondern durch ein Zugehörigkeitsgefühl.

Framing: Die emotionale Bühne rund um das Produkt

Ein Produkt allein erzählt keine Geschichte. Es ist neutral – solange wir ihm keinen Rahmen, keine Geschichte, keinen Kontext geben. Erst durch seine visuelle, sprachliche und kulturelle Inszenierung entsteht ein mehr an Bedeutung. In der Psychologie spricht man hier von Framing, dem gezielten Setzen eines Bedeutungsrahmens, der beeinflusst, wie Menschen Informationen wahrnehmen, bewerten – und fühlen. Für Marken ist Framing eines der wirkungsvollsten strategischen Werkzeuge, wenn es darum geht, bedeutungsvoll zu sein und ein Produkt emotional aufzuladen. Erfolgreiche Marken verstehen es, aus Funktionen Geschichten & Erlebnisse zu machen.


Visuelles Framing: Der erste Eindruck entscheidet
Farben, Formen, Verpackung, Architektur – all das formt den emotionalen Resonanzraum rund um ein Produkt. Warum wirkt ein Apple Store wie ein moderner Tempel der Neuzeit? Warum entfaltet sich beim Öffnen eines RIMOWA-Koffers das Gefühl von Understatement-Luxus? Weil jedes Detail auf ein übergeordnetes Gefühl einzahlt.


Sprachliches Framing: Worte schaffen Wirklichkeit
Sprache ist kein neutrales Transportmittel – sie ist ein emotionaler Verstärker. Marken wie Oatly oder Dove kommunizieren nicht nur, was sie verkaufen, sondern auch wie sie denken. Ironie, Haltung, Storytelling – so wird aus Hafermilch ein rebellisches Statement oder aus einem Kosmetikprodukt ein Symbol für Selbstliebe & Achtsamkeit.


Kulturelles Framing: Werte statt Warengruppen
Marken funktionieren heute wie kulturelle Codes. Wer Kleidung von Patagonia trägt, demonstriert Haltung gegenüber Umwelt ,Fast-Fashion-Konsum und einer Wegwerfmentalität. Wer Produkte von Nike kauft, bekennt sich damit zum Narrativ der Selbstüberwindung und des Empowerments. Kulturelles Framing verleiht Produkten eine Bedeutung – weil es Konsum in einen Wertekanon einbettet.


Fazit:
Framing ist kein Beiwerk, kein Nice-to-Have, kein hübscher Marketing-Zuckerguss. Es ist das narrative Fundament starker, erfolgreicher Marken. Wer Relevanz erzeugen will, muss den Bedeutungsrahmen aktiv gestalten – und darf das Produkt dabei nicht nur zeigen, er muss es inszenieren.

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Fallstrick Funktionalität am Beispiel BlackBerry

Kaum ein Produkt stand so sehr für Effizienz, Sicherheit und Funktionalität wie BlackBerry. In den 2000er-Jahren war das Unternehmen der Goldstandard für mobiles Arbeiten: mit physischer Tastatur, zuverlässiger Mail-Kommunikation und robuster Infrastruktur. Für Business-Zielgruppen war BlackBerry nahezu ein Statussymbol – allerdings eines ohne Emotion, wie sich schnell herausstellen sollte.

Doch dann kam das iPhone – und veränderte alles. Apple präsentierte im Jahr 2007 kein Smartphone im technischen Sinne, sondern ein Lebensgefühl: visuell inszeniert, emotional aufgeladen, in eine Geschichte eingebettet. Während Steve Jobs auf der Bühne die Zukunft inszenierte und dadurch weltweit Beachtung fand, wirkte BlackBerry wie ein Excel-Sheet im Vergleich zu einer Kinoleinwand.

BlackBerry blieb funktional, rational, nüchtern – und verpasste den Moment, in dem Smartphones zu kulturellen Objekten wurden. Es fehlte an Framing, an Storytelling, an der Fähigkeit, Bedeutung zu stiften.
Die Folge: Der einstige Marktführer verschwand fast vollständig aus der Wahrnehmung– trotz technischer Qualität.

Fazit:
BlackBerry ist der Beweis: Wer nur Funktion liefert, verliert in einer Welt, die nach Bedeutung verlangt.



Drei Prinzipien für starke Marken – so gelingt Relevanz

1. Haltung zeigen – und Verantwortung übernehmen
Bedeutungsvolle Marken stehen für etwas – und manchmal auch gegen etwas. Sie sind mehr als Produktanbieter, sie beziehen Positionen.  Ben& Jerry’s zeigt regelmäßig Haltung – und zwar politisch. Das Unternehmen bezieht öffentlich Stellung zu Themen wie z. B. Klimaschutz oder Rassismus. Dabei geht es nicht um kurzfristige PR, sondern um eine konsistente Wertehaltung


2. Community einbinden

Erfolgreiche Marken reden nicht nur, sie hören zu und interagieren. Sie schaffen Räume, in denen Menschen sich gesehen fühlen und aktiv mitgestalten können. Glossier, ein D2C-Kosmetiklabel, entwickelt neue Produkte oft gemeinsam mit seiner Community über Social Media. Das Ergebnis: eine starke Identifikation, hohe Loyalität und das Gefühl von exklusiver Zugehörigkeit für die Kunden.


3. Konsistenz über alle Kanäle

Klarheit über alle Kanäle – ob digital oder analog. In Bildsprache, Tonalität, Storytelling – von der Produktverpackung bis zum Post auf Social Media. Nike gelingtes seit Jahrzehnten, ein konsistentes Narrativ zu erzählen: Empowerment durch Bewegung. Ob über globale Sportikonen, mutige Diversity-Kampagnen oder lokale Initiativen – Nike bleibt stets erkennbar.


Fazit:

Bedeutung ist kein Zufall – sondern Haltung mit System. Was all diese Marken gemeinsam haben: Sie wissen, wer sie sind, wofür sie stehen – und für wen sie da sind. Sie schaffen Relevanz, weil sie Bedeutung schaffen. Den Leitsatz ,,Marken, die bewegen, sind Marken, die verbinden.“ bringt auch der bekannte amerikanische Unternehmensberater, Speaker und Autor Simon Sinek mit seinem Zitat: ,,people don’t buy what you do, they buy why you do it.“ treffend auf den Punkt.

Was Marken in den 2030ern leisten müssen

Die Welt verändert sich rasant – und mit ihr auch die Erwartungen an Marken. Gesellschaftlicher Wandel, technologische Meilensteine, wie KI und kulturelle Verschiebungen machen Markenführung heute zu einem hoch strategischen Zukunftsfeld. Die zentrale Frage lautet also: Was müssen Marken in der Zukunft leisten, um relevant zu bleiben? 


1. Co-Creation wird zur neuen Norm
Marken werden Plattformen für Mitgestaltung. Nur Marken, die es verstehen ihre Kunden mit einzubeziehen, bleiben dauerhaft relevant. Konsumenten wollen nicht nur kaufen, sondern aktiv mitgestalten. Erfolgreiche Marken öffnen sich daher für Co-Creation: Sie entwickeln Produkte gemeinsam mit ihren Communitys, schaffen (digitale) Räume für Feedback, Interaktion und Innovation.

 

2. Werte statt Werbebudgets
Echte Transparenz wird Pflicht. Wer in Zukunft Bedeutung haben will, braucht keine großen Versprechen – sondern überprüfbare Haltung. Menschen fordern Transparenz, Konsequenz und Authentizität. Marken, die Nachhaltigkeit nur behaupten, aber nicht leben, werden entlarvt. Werte sind kein Marketinginstrument mehr – sondern der Kern unternehmerischer Glaubwürdigkeit. Nur wer Verantwortung sichtbar übernimmt, wird als Marke der Zukunft wahrgenommen.

 

3. KI darf Bedeutung nicht ersetzen
Künstliche Intelligenz wird viele Bereiche der Markenkommunikation verändern – von Content-Produktion über Personalisierung bis zur Marktanalyse. Das birgt große Chancen: effizientere Workflows, Hyperpersonalisierung oder die Skalierung der Content-Produktion, um nur einige Beispiele zu nennen.

Aber: Der Einsatz von KI darf nicht zulasten der emotionalen Tiefe gehen. Marken, die nur noch seelenlosen, generischen KI-Content ausspielen, laufen Gefahr, ihre Seele zu verlieren. Technologie muss Bedeutung verstärken – nicht ersetzen.


Fazit: Bedeutung & Zugehörigkeit ist das Kapital der Zukunft für erfolgreiche Marken
Marken der Zukunft überzeugen nicht durch plumpe Lautstärke, sondern durch Haltung. Sie schaffen Verbindung statt kurzer Sichtbarkeit – sie berühren, statt bloß zu beeindrucken. Starke Marken sind wie starke Beziehungen: Sie hinterlassen ein bleibendes Gefühl und Emotionen, nicht nur einen kurzen flüchtigen Eindruck.

Zu unseren täglichen Aufgaben bei espresso gehört genau das. Getreu unserem Claim ,,espress yourself“ verhelfen wir täglich Unternehmen dabei, auf den heutigen Käufermärkten optimal sichtbar zu werden und sich für maximalen wirtschaftlichen Erfolg strategisch nachhaltig als unverkennbare Marke zu positionieren. Gerne helfen wir auch Ihnen dabei, Ihre eigenen Optimierungspotenziale zu finden und Ihre Marke erfolgreich zu positionieren.

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